Mittwoch, 17. November 2010

Das Produkt Mensch

Ich möchte eine kleine Geschichte erzählen, welche leider auf einer wahren Begebenheit basiert.
Aus Rücksicht der betroffenen Person, nenne ich allerdings keine Namen.

Alles begann im Jahre 2008 mit immer wiederkehrenden Halsschmerzen. Mehrmals suchte die Patientin ihren Hausarzt auf und jedesmal war von einer Entzündung die Rede. Und dies obwohl sie immer wieder auf einen Fremdkörper im Hals aufmerksam gemacht hatte. Als nach einem Jahr immer noch keine Besserung ersichtlich war, hat man endlich eine genaue Untersuchung angeordnet. Und das Ergebnis war niederschmetternd. Diagnose Zungengrundtumor, bösartig und bereits ganze 9cm gross. So sieht also eine Entzündung aus! Der Patientin wurde diese Schreckensnachricht einfach so an den Kopf geworfen und sie wurde in der Folge damit alleine gelassen.

Später wurde eine Strahlen- und Chemotherapie vorgeschlagen. Die Patientin wollte dies jedoch ausdrücklich nicht. Sie sah ihren Weg in der Alternativmedizin und erzählte dies den Ärzten auch. Diese haben sie regelrecht ausgelacht und sie wurde kein Stück ernst genommen.

In den folgenden Monaten wurde dann eine alternative Therapie nach der anderen ausprobiert. Anfangs schien es jedesmal einzuschlagen, doch schlussendlich musste man immer feststellen, dass es leider rein gar nichts gebracht hat.

Bis Ende August 2010 konnte die Patientin mit nur wenigen Einschränkungen weiterleben und normal arbeiten. Doch dann wuchs der Tumor raketenartig an. Essen war nicht mehr möglich und auch das Sprechen war sehr stark eingeschränkt. Es sah gar nicht gut aus und man musste damit rechnen, dass es dem Ende entgegen geht.

Doch die Patientin raffte sich nochmals etwas auf, nahm ein klein wenig der verlorenen Kilos wieder zu und wandte sich noch einmal an eine Naturheilpraktikerin. Diese schlug ihr eine sogenannte Lymphdrainage vor. Bei dieser Therapie wird die Durchblutung angeregt und der Tumor soll so zurückgehen können.

Wie schon so oft, ging es der Patientin zu Beginn auch tatsächlich besser, doch nun musste sie feststellen, dass der Tumor scheinbar auf die andere Seite gestreut hat. Laut einem Professor, Doktor, Doktor, der in der Verzweiflung aufgesucht wurde, könnte diese Lymphdrainage sogar daran Schuld sein.

Das erste Mal seit ihrer Krebserkrankung fühlt sich die Patientin ernst genommen von einem Arzt. Dieser hat nun ein TC und ein MRI veranlasst, um abklären zu können, ob jetzt doch noch etwas zu machen ist und ob der Tumor nun in den gesamten Körper gestreut hat. Die Chance, dass da noch etwas zu retten ist, ist allerdings vernichtend klein. Zu schwach ist der Körper und die übliche Bestrahlung, oder eine Chemotherapie kommen für die Patientin sowieso nicht in Frage. Das hat sie schon immer gesagt und es ist beeindruckend, wie sehr diese Frau immer hinter ihrem Wort gestanden hat.

Wie es weiter geht und wie lange die Patientin noch lebt, kann man nicht voraussagen. Aber unabhängig vom Ausgang, bleiben bei mir viele Fragen offen.
Wie kann es sein, dass ein Arzt einen wachsenden Tumor mit einer Entzündung verwechselt? Klar, in den Zungengrund kann man von blossem Auge nicht sehen, aber wieso werden beim Verdacht nicht sofort die nötigen Abklärungen getroffen?

Es ist bitter, dass bei der Diagnose keine menschlichen Ärzte da waren. Wie kann man nur so kalt sein und einem Menschen eine solch folgenschwere Nachricht so gefühlslos an den Kopf werfen. Wieso wurde nicht auf den Menschen eingegangen? Wieso konnte man nicht akzeptieren, dass die Patientin keine Bestrahlungs- und Chemothreapie machen wollte? Wieso haben die Alternativmediziner immer wieder für falsche Hoffnung gesorgt? Dass eine Lymphdrainage bei einem Tumor heikel ist, sollte doch auch ein Alternativmediziner wissen!

Ich werde das bittere Gefühl nicht los, dass hier immer wieder das Geld im Vordergrund gestanden hat. Der Hausarzt wollte die Krankenkasse nicht unnötig belasten und wollte sich von der Patientin wohl nicht sagen lassen, was zu tun. Die Ärzte im Spital wären der Patientin nur zur Seite gestanden, wenn sie die vorgeschlagenen Therapien gemacht hätte. So kam ja kein Geld rein, also soll sie selber schauen. Und die Alternativmediziner appellierten darauf Geduld zu haben, dann komme es gut. So konnte auch enorm viel Geld generiert werden. Am Ende hat man vielleicht sogar noch Geld dafür bezahlt, damit es schlimmer wird!

Der Mensch scheint nur noch da zu sein, um an ihm Geld verdienen zu können. Selbst wenn er Todkrank ist!

2 Kommentare:

  1. Als erstes: Da es in meiner Familie sehr viel Krebserkrankungen gibt bin ich (leider!!) bestens vertraut mit der Krankheit und den diversen Heilmethoden.
    Das ist natürlich ein nicht ganz einfaches Thema. Okay, die Diagnose kam zu spät und wurde dann auch noch sehr gefühlskalt der Patientin mitgeteilt, da ist sicher etwas total falsch gelaufen, keine Frage!
    Alledings glaube ich nicht, dass eine frühere Diagnose das Schlimmste hätte verhinden können. Die bekannteste und wirksamste Methode ist nunmal die Chemotherapie, von Heilungen durch "Alternativmedizin" hört man sehr selten (und meist in Kombination mit "Wunder")während mit Hilfe einer Chemo täglich mehreren Tausend Menschen das Leben gerettet wird! Wenn nun die Person die Chemo von Anfang an verweigert, sehe ich wenig Chancen zur Heilung. Bei manchen Dingen helfen nunmal ein paar "Kräutchen" und Glauben nicht um zu überleben! Vielleicht sollte man auch mal Ärzte ernstnehmen wenn sie einem eine Chemo vorschlagen und nicht nur verlangen von den Ärzen ernstgenommen zu werden, wenn man auf Alternativmedizin vertraut.

    Wenn der überlebenswille wirklich noch vorhanden ist, hätte diese Person über ihren eigenen Schatten springen sollten und sich auf die Chemo einlassen.

    Ausserdem ist es bekannt, dass viele "schwarze Schafe" in der Alternativmedizin tätig sind, weil es sich tatsächlich gut Geld verdienen lässt.

    Das soll kein Angriff auf dich oder gar die Person sein, es ist nur meine Meinung zum Thema. Es tut mir leid für dich, dass du dich in so einer Situation befindest und einen weiteren geliebten Menschen verlieren wirst. Ich hoffe für dich und die Person, dass es noch sehr (sehr sehr sehr!!!) lange dauert bis zum letzten Atemzug!

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  2. Dass so spät gehandelt wurde, war sehr wohl entscheidend. Es macht einen Unterschied, ob der Tumor 2cm oder 9cm gross ist.

    Es geht darum, dass diese Person nie richtig aufgeklärt wurde. Hätte sich ein Arzt Zeit genommen, so hätte diese Person vielleicht ganz anders gehandelt. Doch wenn man so abgefertigt wird von einem Arzt, sobald das Thema Alternativmedizin zur Sprache kommt, entsteht nun mal schnell der Verdacht, dass da Eigeninteressen im Vodergrund stehen. Vertrauen ist das A und O in solche einer Situation. Ich will mein Leben nicht in die Hände eines Arztes geben, dem ich nicht vertraue.

    Dass du schreibst, dass der Überlenswille nicht wirklich vorhanden war, finde ich etwas unglücklich ausgedrückt. Das hat wohl absolut nichts damit zu tun. Aber die Angst war nun mal sehr gross und wenn ein Mensch nicht hinter der Chemo stehen kann und sich sicher ist, diese Therapie nicht überleben zu können, hat es keinen Sinn. Das Mentale muss stimmen, sonst wirkt keine Therapie der Welt! Hier wären die Ärzte wieder gefordert gewesen. Sich Zeit nehmen für die Patientin und alles genaustens zu erklären, sollte doch eine Selbstverständlichkeit sein!

    Dass es viele Scharlatane in der Alternativmedizin gibt, ist mir bewusst und ich habe nie behauptet, dass das der richtige Weg war, denn sie eingeschlagen hat. Aber schlussendlich hat gerade das Fehlverhalten der Ärzte dazu geführt, dass sie diesen Weg gegangen ist. Vertrauen ist enorm wichtig, in solch einer Situation!

    Ich danke dir für deine Wünsche.

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